Abitraining Physik Klausur Leistungskurs 6

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Abitraining Physik Klausur Leistungskurs 6

Teilaufgabe 1: Neutrinos im Standardmodell der Elementarteilchen

a) Bei den Teilchen Elektron, Myon und Tauon handelt es sich um Leptonen, weshalb sie eine elektrische Elementarladung von \(q = -e\) besitzen. Die zugehörigen Neutrinos unterliegen nicht der starken Wechselwirkung und sind zudem elektrisch ungeladen: \(q_{\nu} = 0\). Sie unterliegen lediglich der schwachen Wechselwirkung und können Materie daher praktisch ungehindert durchdringen und nicht direkt nachgewiesen werden.

b) Nur u- und d-Quarks, sowie Elektronen bilden atomare Materie. Die restlichen Quarks und Leptonen sind kurzlebig und zerfallen durch die starke bzw. schwache Wechselwirkung in u- und d-Quarks oder Elektronen.

Ein Deuteriumatom \(^2\)H besteht aus sechs Quarks und einem Elektron. Das Proton im Atomkern enthält zwei u-Quarks und ein d-Quark, während das Neutron ein u-Quark und zwei d-Quarks enthält. Das Elektron ist ein Lepton und gehört nicht zu den Quarks.

Die Quarks sind durch die starke Wechselwirkung aneinander gebunden. Das elektrisch geladene Elektron in der Hülle wird durch die elektromagnetische Wechselwirkung an die elektrisch geladenen Quarks im Kern gebunden.

c) Beim \(\beta^{-}\)-Zerfall des Neutrons in Abbildung 2 wird ein d-Quark in ein u-Quark umgewandelt, wobei ein W\(^-\)-Boson abgegeben wird. Durch die Umwandlung des Quark wird das Neutron (bestehend aus uud-Quarks) in ein Proton (bestehend aus udd-Quarks) umgewandelt.

Das entstandene W\(^-\)-Boson ist ein Wechselwirkungsteilchen der schwachen Wechselwirkung und zerfällt schnell in ein Elektron \(e^-\) und ein Anti-Elektronneutrino \(\overline{\nu}_e\).

Umgekehrt wandelt sich beim \(\beta^+\)-Zerfall ein u-Quark in ein d-Quark, wobei ein W\(^+\)-Boson abgegeben wird. Durch die Umwandlung des Quark wird das Proton (bestehend aus udd-Quarks) in ein Neutron (bestehend aus uud-Quarks) umgewandelt.

Auch das W\(^+\)-Boson zerfällt schnell und es entsteht ein Positron \(e^+\) und ein Elektronneutrino \(\nu_e\).

 

Teilaufgabe 2: Die Zerfallseigenschaften des Tritiums und das Energiespektrum seiner \(\beta^-\)-Strahlung

a) Um die Anfangsaktivität \(A_0\) zu finden muss das Zerfallsgesetzt \(N(t) = N_0 \cdot e^{-\lambda \cdot t} \) abgeleitet werden. Wegen \(A= -\dot{N}\) folgt \(A(t) = -\dot{N} = -(-\lambda \cdot N_0 \cdot e^{-\lambda \cdot t}) = \lambda \cdot N_0 \cdot e^{-\lambda \cdot t} \). Für die Anfangsaktivität ergibt sich also \(A_0 = A(0) = \lambda \cdot N_0 \).

Nach der Halbwertszeit sind noch die Hälfte der zu Beginn vorhanden Kerne vorhanden: \(N(T_{1/2}) = \frac{N_0}{2} = N_0 \cdot e^{-\lambda \cdot T_{1/2}} \). Es folgt:

\(\frac{1}{2} = e^{-\lambda \cdot T_{1/2}}  \Leftrightarrow – \ln{(2)} = -\lambda \cdot T_{1/2} \Leftrightarrow T_{1/2} = \frac{\ln{(2)}}{\lambda}\).

Aus der Aufgabenstellung ist bekannt, dass nach \(t=548 \, \text{d}\) die Aktivität der Probe um 8,1 % auf 91,9 % verringert hat. Damit folgt für die Aktivität: \(A(548 \, \text{d}) = 0,919 \cdot A_0 \) und es lässt sich die Halbwertszeit wie folgt bestimmen:

\( 0,919 = e^{-\lambda \cdot 548 \, \text{d}} \Leftrightarrow \lambda = -\frac{\ln{(0,919)}}{548 \, \text{d}} \Leftrightarrow T_{1/2} = \frac{\ln{(2)}}{ \frac{-\ln{(0,919)}}{549 \, \text{d}} } = 4500 \, \text{d} = 12,3 \, \text{a} \).

b) Mit Hilfe der Masse-Energie-Relation lässt sich die beim \(\beta^{-}\)-Zerfall freiwerdende  Energie \(E_{\text{ges}} = \Delta m \cdot c^2\) bestimmen. Sie entspricht gerade der Differenz der Ruhemassen \(\Delta m \) der beteiligten Teilchen vor und nach dem Zerfallsprozess: \( \Delta m = m_{3_H} – (m_{3_{He}} + m_e + m_{\overline{\nu}} \).

c) Wenn Tritium zerfällt, entstehen Elektronen mit einer kontinuierlichen Verteilung von Energien. Die höchste Energie, die sie haben können, ist ungefähr \(E_{\text{ges}} \approx 18,5 \, \text{keV}\). Die meisten Elektronen haben eine Energie von etwa \(2,5 \, \text{keV}\). Die Anzahl der Elektronen mit höherer Energie nimmt stark ab. Es gibt kaum Elektronen haben die die höchste Energie \(E_{\text{ges}}\) haben.

Deutlich mehr Elektronen besitzen eine geringere Energie \(E_e\) als die maximale Gesamtenergie \(E_{\text{ges}}\). Aufgrund dessen, dass der \(^3\)He-Kern im Zerfallsgprozess kaum Energie aufnimmt, wird die fehlende Energie \((E_{\text{ges}} – E_e)\) von einem Antineutrino \(\overline{\nu}_e\) aufgenommen. Dies gewährleistet die Energieerhaltung beim Zerfall.

 

Teilaufgabe 3: Das KATRIN-Experiment und die Masse des Neutrinos

a) Aus der Aufgabenstellung ist der Wert für die obere Grenze der Neutrino-Ruheenergie zu entnehmen: \(m_{\nu}\cdot c^2 < 2,1 \, \text{eV} = 3,4 \cdot 10^{-10} \, \text{J} \).

Aus diesem Wert lässt sich die ein Grenzwert für die Masse des Neutrinos bestimmen: \( m_{\nu} < \frac{3,4 \cdot 10^{-19} \, \text{J}}{c^2} = 3,8 \cdot 10^{-36} \, \text{kg} \).

b) Der Unterschied zwischen der maximalen Elektronenenergie \(E_{\text{max}} \) und der Gesamtenergie des \(\beta^-\)-Zerfalls, bei dem ein masseloses Neutrino angenommen wird \(E_{\text{ges,\nu=0}} \) entspricht genau der Ruheenergie des Antineutrinos \(m_{\nu} \cdot c^2\). Diese Ruheenergie muss aus der Energie aufgebracht werden, die beim Zerfall freigesetzt wird.

Aus der Aufgabenstellung lässt sich folgende Bedingung für die Maximalenergie \(E_{\text{max}} \) beim Zerfall ableiten: \( E_{\text{ges,\nu=0}} -E_{\text{max}} < 2,1\, \text{ev} \). Folglich erwartet man die Energie im Intervall \(18587,8 \, \text{eV} < E_{\text{max}} < 18589,9 \, \text{eV}\).

c) Zeitlich konstante Magnetfelder üben eine Kraft auf Elektronen aus, wenn diese sich im Feld bewegen. Die so genannte Lorentzkraft \(\vec{F}_L\) wirkt immer orthogonal zur Bewegungsrichtung der Teilchen:  \(\vec{F}_L \perp \vec{v}\). Das bedeutet, dass der Geschwindigkeitsbetrag des Elektrons durch \(\vec{F}_L\) nicht verändert wird, sondern lediglich seine Bewegungsrichtung. Das Elektron verliert demnach durch die Wirkung der Lorentzkraft keine kinetische Energie.

Durch eine präzisere Einstellgenauigkeit der Gegenspannung \(U_G\) bei der Gegenfeldmethode kann die Grenzspannung, bei der Elektronen gerade noch am Detektor nachgewiesen werden können, genauer bestimmt werden. Die Elektronen die bei dieser Grenzspannung noch den Detektor erreichen haben die maximale kinetische Energie \(E_{\text{max}}\) in der Einheit eV.

d) Die ersten (vorläufigen) Messergebnisse des KATRIN-Experiments ergeben eine neue Obergrenze der Neutrino-Ruheenergie von \(m_{\nu}\cdot c² < 1,0\, \text{eV}\). Dies ist bereits eine Verbesserung der Messgenauigkeit um den Faktor 2 im Vergleich zu vorherigen Messungen.

 

Teilaufgabe 4: Die Bedeutung der Neutrinomasse für die Kosmologie

Die Gesamtmasse aller Neutrinos im (beobachtbaren) Universum kann mit den gegebenen Werten wie folgt berechnet werden:

Aus der Aufgabenstellung ist bekannt, dass im Universum durchschnittlich 330 Neutrinos pro Kubikzentimeter vorhanden sind und das gesamte Universum einen Radius von (mindestens) \(r_U \approx 45 \cdot 10^9 \) Lichtjahren besitzt. Das entspricht \( 4,3 \cdot 10^{28} \, \text{cm} \). Daraus lässt sich die Gesamtzahl aller Neutrinos bestimmen zu:

\(N_{\text{ges}} \approx 330 \,\frac{1}{\text{cm}^3} \cdot \frac{4}{3} \cdot \pi \cdot (4,3 \cdot 10^{28} \, \text{cm})^3 = 1,1 \cdot 10^{89}\).

Mit Hilfe der Neutrino-Ruheenergie \(m_{\nu} \cdot c^2 \approx 0,3 \, \text{eV} = 5\cdot 10^{-20} \, \text{J} \) ergibt sich für die Gesamtmasse aller Neutrinos im Universum:

\(m_{\text{ges}} = 1,1 \cdot 10^{89} \cdot \frac{5\cdot 10^{-20} \, \text{J} }{(3,0 \cdot 10^8 \frac{m}{s})^2} = 6 \cdot 10^{52} \, \text{kg}\).

Die Masse der Neutrinos entspricht damit ca. der Hälfte der Masse an sichtbarer Materie im Universum (\(m_U \approx 10^{53} \, \text{kg})\) und ist nicht vernachlässigbar.

 

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