Abitraining Biologie Klausur Leistungskurs 6

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Thema: Das angeborene Usher-Syndrom (USH1)

Orientierungen zur Lösung

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Aufgabe 1:
Ermitteln Sie den Erbgang des angeborenen Usher-Syndroms (USH1), indem Sie andere Erbgänge begründet ausschließen (Material A). Geben Sie für die Personen 8, 9, 12 und 17 die Genotypen an (Material A). Ermitteln Sie, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Kind der Person 12 mit einer heterozygoten Partnerin vom USH1 betroffen sein wird (Material A).

Teil 1) den Erbgang des angeborenen Usher-Syndroms (USH1) ermitteln, indem andere Erbgänge begründet ausgeschlossen werden:

● Ein dominanter Erbgang kann ausgeschlossen werden, da phänotypisch gesunde Eltern erkrankte Kinder haben (z. B. Personen 8 und 9).
● Ein X-chromosomal-rezessiver Erbgang kann ausgeschlossen werden, weil die Vä-ter erkrankter Töchter sonst ebenfalls erkrankt sein müssten. Dies trifft aber weder auf den Vater 9 noch auf den Vater 10 zu.
● Eine Y-chromosomale Vererbung ist auszuschließen, weil auch Frauen betroffen sind.
● Das angeborene USH1 wird also autosomal-rezessiv vererbt.

Teil 2) für die Personen 8, 9, 12 und 17 die Genotypen angeben:

A=Normalallel, a= verändertes Allel;
Personen 8 und 9: Aa
Person 12: aa
Person 17: aa

Teil 3) ermitteln, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Kind der Person 12 mit einer heterozygoten Partnerin vom Usher-Syndrom betroffen sein wird:

● Die Wahrscheinlichkeit der Weitergabe des veränderten Allels durch einen homozygoten Merkmalsträger liegt bei 100 %.
● Bei einer heterozygoten, gesunden Person liegt die Wahrscheinlichkeit, das veränderte Allel weiterzugeben, bei 50 %.
● Ein Kind ist vom USH1 betroffen, wenn es von beiden Eltern ein verändertes Allel erbt. Somit wird ein Kind von Person 12 und einer heterozygoten, gesunden Partnerin mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % zwei veränderte Allele erben und am USH1 erkranken.

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Aufgabe 2:
Erläutern Sie die Signaltransduktion an der Haarzelle (Material B). Stellen Sie eine Methode zur Untersuchung von Ionenströmen durch Ionenkanäle dar. Fassen Sie die in Abbildung 3 dargestellten Ergebnisse zusammen und skizzieren Sie je ein Rezeptorpotential der Haarzelle bei geringer und starker Auslenkung der Stereozilien (Materialien B und C).

Teil 1) die Signaltransduktion an der Haarzelle erläutern:

erläutert die Signaltransduktion an der Haarzelle (Material B), z. B.:
● An der Spitze der Stereozilien befinden sich mechanisch gesteuerte Kaliumionen-Kanäle. Im Ruhezustand sind diese geschlossen.
● Bei Eintreffen eines akustischen Reizes wird über Zwischenschritte die Lymph-flüssigkeit im Innenohr zum Schwingen gebracht. Dadurch werden die Stereozi-lien ausgelenkt und die Tip-Links werden gestreckt. Dies bewirkt die Öffnung der mechanisch gesteuerten Kaliumionen-Kanäle.
● Durch die Konzentrationsdifferenz zwischen der Endolymphe, die eine höhere Kaliumionen-Konzentration als das Cytoplasma der Haarzelle aufweist, kommt es zum Kaliumionen-Einstrom in die Haarzelle.
● Es entsteht eine Depolarisation der Haarzelle.

Teil 2) eine Methode zur Untersuchung von Ionenströmen durch Ionenkanäle darstellen:

● Die Patch-Clamp-Technik erlaubt es, den Ionenfluss durch einen Ionenkanal zu messen. Dazu wird eine sehr feine Saugkapillare mit einer Messelektrode so auf die Membran eines Neurons gesetzt, dass idealerweise nur ein Ionenkanal enthalten ist.
● Die Membran wird leicht angesaugt, sodass der Rand dicht abgeschlossen ist. Wird das Neuron einem Reiz ausgesetzt, kann der Ionenfluss durch den Kanal über die Änderung der Stromstärke ermittelt werden.

Teil 3) die in Abbildung 3 dargestellten Ergebnisse zusammenfassen:

● Bei geringer Auslenkung kommt es zu einem kurzen und niedrigen Ionenfluss durch den Kaliumionen-Einstrom.
● Bei stärkerer Auslenkung kommt es zu einem längeren und höheren Ionenfluss in die Haarzelle.
● Bei stärkerer Auslenkung bleibt der Ionenfluss nicht konstant für die Dauer der gesamten Auslenkung, sondern nimmt nach einiger Zeit ab.

Teil 4) je ein Rezeptorpotential der Haarzelle bei geringer und starker Auslenkung der Stereozilien skizzieren:

A

B

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Aufgabe 3:
Erklären Sie die Erregungsweiterleitung an die nachgeschaltete Nervenzelle (Material B). Stellen Sie den zeitlichen Verlauf eines Aktionspotentials in einem Fließschema dar. Begründen Sie die Abhängigkeit der Aktionspotentialfrequenz von der Reizstärke (Materialien B und C).

Teil 1) die Erregungsweiterleitung an die nachgeschaltete Nervenzelle erklären:

● Durch den Kaliumionen-Einstrom kommt es zur Depolarisation des Zellinnenraums der Haarzelle. Durch die Depolarisation werden spannungsgesteuerte Calciumionen-Kanäle in der Haarzellmembran geöffnet und Calciumionen strömen in das Cytoplasma der Haarzelle.
● Die Erhöhung der Calciumionen-Konzentration bewirkt, dass transmittergefüllte Vesikel mit der präsynaptischen Membran verschmelzen und Transmittermoleküle in den synaptischen Spalt freigesetzt werden.
● Die Transmittermoleküle binden an Rezeptorproteine der nachfolgenden Nervenzelle. Dies führt zu einer Veränderung der Ionenpermeabilität der Postsynapse und damit auch der Ionenkonzentration in der postsynaptischen Zelle.
● Es entsteht ein erregendes postsynaptisches Potential.

Teil 2) den zeitlichen Verlauf eines Aktionspotentials in einem Fließschema darstellen:

Depolarisation bis zum Schwellenwert → Öffnung spannungsabhängiger Natrium-ionen-Kanäle → Einstrom von Natriumionen → Ladungsumkehr → Inaktivierung der Natriumionen-Kanäle → Stopp des Natriumionen-Einstroms → Öffnung span-nungsabhängiger Kaliumionen-Kanäle → Ausstrom von Kaliumionen → Repolari-sation und Hyperpolarisation → Verschluss der Kaliumionen-Kanäle → Ladungs-ausgleich → Ruhepotential

Teil 3) die Abhängigkeit der Aktionspotentialfrequenz von der Reizstärke begründen:

● Je stärker der akustische Reiz ist, desto stärker ist die Auslenkung der Stereozilien und umso länger bleiben die Kaliumionen-Kanäle geöffnet. Die Amplitude und Dauer eines Rezeptorpotentials in der Haarzelle sind abhängig von der Reizintensität.
● In Abhängigkeit von Amplitude und Dauer des Rezeptorpotentials kommt es zum vermehrten Calciumionen-Einstrom in die Haarzelle und folglich zur erhöhten Transmitterfreisetzung in den synaptischen Spalt.
● Eine erhöhte Transmittermenge führt zu einem höheren Kationeneinstrom in die postsynaptische Zelle. Das postsynaptische Potential erreicht daher auch eine stärkere Amplitude und größere Dauer. Der Schwellenwert zur Auslösung von Aktionspotentialen wird daher in der postsynaptischen Zelle länger erreicht und eine höhere Frequenz von Aktionspotentialen ist die Folge.
● Die Frequenz der Aktionspotentiale in der nachfolgenden Nervenzelle ist daher abhängig von der Amplitude und der Dauer des Rezeptorpotentials.

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Aufgabe 4:
Ermitteln Sie für die in Tabelle 1 gezeigten Sequenzausschnitte die Aminosäuresequenz sowie den Mutationstyp und erläutern Sie die Auswirkungen auf das Protein (Materialien D und E). Entwickeln Sie eine Hypothese zur Erklärung der Ursache der Gehörlosigkeit bei Patienten mit USH1 (Materialien A bis D).

Teil 1) für die in Tabelle 1 gezeigten Sequenzausschnitte die Aminosäuresequenz sowie den Mutationstyp ermitteln:

Normal-Allel:

mRNA 5’ … AAG CUG GUG GGU AAG CUG AAG …3’
Aminosäure Lys – Leu – Val – Gly – Lys – Leu – Lys

Mutiertes Allel:

mRNA 5’ … AAG CUG GGU GGG UAA GCU GAA …3’
Aminosäure Lys – Leu – Gly – Gly – Stopp

 

An der letzten Position des Tripletts 131 oder der ersten Position des Tripletts 132 ist ein Cytosin eingefügt worden. Es handelt sich um eine Punktmutation, genauer eine Insertion. Es kommt zu einer Verschiebung des Leserasters (Rasterschubmutation).

Teil 2) die Auswirkungen auf das Protein erläutern:

Durch die Leserastermutation wird ein Stopp-Codon gebildet und es kommt zu einem Abbruch der Translation an Aminosäure-Position 134 von 461. Die Aminosäurekette des Sans-Proteins ist dadurch deutlich kürzer, wodurch das Protein eine andere Struktur aufweist und vermutlich funktionslos wird.

Teil 3) eine Hypothese entwickeln zur Erklärung der Ursache der Gehörlosigkeit bei Patienten mit USH1:

● Im Falle des USH1 wird das Sans-Protein vermutlich funktionslos sein. Die Verankerung der Tip-Links an den mechanisch gesteuerten Kaliumionen-Kanälen könnte gestört sein. Auch die Verknüpfung der Stereozilien untereinander könnte dadurch deutlich beeinträchtigt werden.
● Dadurch können trotz möglicher Auslenkung der Stereozilien die mechanisch gesteuerten Kaliumionen-Kanäle nicht geöffnet werden und die Signaltransduktion findet nicht statt. Dies erklärt die Gehörlosigkeit der Patienten.