Abitraining Biologie Klausur Leistungskurs 2

Diese Seite ist nicht für das Hochformat optimiert, bitte Querformat nutzen.

Abitraining Biologie Klausur Leistungskurs 2

Abitraining Biologie Klausur Leistungskurs 2

Thema: Genetik der Blütenfarben des Gewöhnlichen Kohlröschens

Orientierungen zur Lösung

_______________________________________________________
Aufgabe 1:
Fassen Sie auf Basis von Material A die Aspekte zur Blütenfärbung des Gewöhnlichen Kohlröschens zusammen. Leiten Sie auf dieser Grundlage mögliche genetische Ursachen für das Zustandekommen der unterschiedlichen Blütenfarben ab (Material A).

Teil 1) auf Basis von Material A die Aspekte zur Blütenfärbung des Gewöhnlichen Kohlröschens zusammenfassen:

● Das Gewöhnliche Kohlröschen besitzt normalerweise tiefrote Blüten.
● Die Färbung kommt durch rote Cyanidine zustande, wie z. B. Cyanidin-3-glucosid.
● Cyanidine werden mithilfe von Enzymen aus Vorstufen synthetisiert. Im letzten Syntheseschritt wird mithilfe des Enzyms 6 aus dem farblosen Leukocyanidin das rote Cyanidin-3-glucosid gebildet.
● Am Puflatsch gibt es darüber hinaus auch hellrote und weiße Blüten. Die hellroten Blüten weisen eine deutlich geringere Menge an Cyanidin-3-glucosid auf. In den weißen Blüten ist kein Cyanidin-3-glucosid nachweisbar.

Teil 2) auf dieser Grundlage mögliche genetische Ursachen für das Zustandekommen der unterschiedlichen Blütenfarben ableiten:

● Bei den Pflanzen mit einer vom Wildtyp abweichenden Färbung könnte ein Gen betroffen sein, das für eines der Enzyme im gezeigten Syntheseweg codiert.
● Aufgrund von Mutationen könnten andere Aminosäuren in die Polypeptidkette eingebaut werden. Dies könnte zu Funktionsbeeinträchtigungen des betroffenen Enzyms führen.
● Die unterschiedlichen Blütenfarben könnten somit durch unterschiedlich starke Funktionsbeeinträchtigungen zustande kommen.
● So könnte zum Beispiel in den weißen Blüten das Enzym 6 funktionslos sein. Dies würde zur Anreicherung des farblosen Leukocyanidins in den Zellen der Blütenblätter führen.
● Die hellroten Blüten könnten durch eine verringerte Aktivität des Enzyms 6 erklärbar sein. In diesem Fall würde somit weniger roter Blütenfarbstoff gebildet und der Farbton der Blüten heller sein.

_______________________________________________________
Aufgabe 2:
Erläutern Sie die Regulation des ANS-Gens (Material B). Nehmen Sie kritisch Stellung, ob sich die bei anderen Pflanzenarten gewonnenen Erkenntnisse auf die Funktionsweise des MYB1-Transkriptionsfaktors beim Gewöhnlichen Kohlröschen übertragen lassen (Material B).

Teil 1) die Regulation des ANS-Gens erläutern:

● Das ANS-Gen wird durch einen aus drei Proteinen zusammengesetzten Proteinkomplex reguliert. Dieser Komplex wird aus den spezifischen Transkriptionsfaktoren WDR, bHLH und MYB1 gebildet.
● Erst nach erfolgter DNA-Bindung der allgemeinen und spezifischen Transkriptionsfaktoren kann die RNA-Polymerase an den DNA-Bereich so stabil binden, dass die Transkription des ANS-Gens erfolgt.
● Für die positive Regulation des Gens ist die Bindung des MYB1/bHLH/WDR-Transkriptionsfaktor-Komplexes an den Promotor nötig.

Teil 2) kritisch Stellung nehmen, ob sich die bei anderen Pflanzenarten gewonnenen Erkenntnisse auf die Funktionsweise des MYB1-Transkriptionsfaktors beim Gewöhnlichen Kohlröschen übertragen lassen:

● Der beim Gewöhnlichen Kohlröschen gefundene MYB1-Transkriptionsfaktor hat eine ähnliche Aminosäuresequenz wie MYB-Transkriptionsfaktoren bei anderen Pflanzenarten. Daher könnte der MYB1-Transkriptionsfaktor eine ähnliche räumliche Struktur und somit auch ähnliche Eigenschaften aufweisen.
● Er könnte an ähnliche Sequenzen im Promotorbereich des ANS-Gens binden und somit die Transkription des Gens aktivieren.
● Allerdings ist ein Ableiten der Funktion alleine aufgrund der Aminosäuresequenz eher unsicher, weil auch der Austausch weniger Aminosäuren die Funktionsweise beeinflussen kann. Die Funktion des Transkriptionsfaktors sollte daher zusätzlich zum Beispiel durch Experimente überprüft werden.

_______________________________________________________
Aufgabe 3:
Ermitteln Sie für die in Tabelle 1 dargestellten Nukleotidsequenzen die zugehörigen mRNA- und Aminosäuresequenzen sowie die Mutationstypen (Materialien C und E). Werten Sie die in Material C gezeigten Daten aus und entwickeln Sie eine Hypothese zu den Auswirkungen der Mutationen sowohl auf molekularer als auch auf phänotypischer Ebene (Materialien A bis C).

Teil 1) für die in Tabelle 1 dargestellten Nukleotidsequenzen die zugehörigen mRNA- und Aminosäuresequenzen sowie die Mutationstypen ermitteln:

5‘ →                    mRNA                 →   3‘
Allel 1 UCG – GCA – GAU – UAC – GAC – CUC
Allel 2 UCG – GCA – GAU – UAG – GAC – CUC
Allel 3 UCG – GCA – GAU – UAA – GAC – CUC

 

Aminosäuresequenz
Allel 1 Ser – Ala – Asp – Tyr – Asp – Leu
Allel 2 Ser – Ala – Asp – Stopp
Allel 3 Ser – Ala – Asp – Stopp

Die drei Allele unterscheiden sich jeweils in der dritten Base des 221. Tripletts.
Allel 1 weist hier auf dem nicht-codogenen Strang die Base Cytosin auf, Allel 2 die Base Guanin und Allel 3 die Base Adenin. Es liegen demnach Substitutionen (Punktmutationen) vor.
Bei den Allelen 2 und 3 führen diese Mutationen jeweils zur Entstehung eines Stopp-Codons. Es handelt sich somit um Nonsense-Mutationen.

Teil 2) die in Material C gezeigten Daten auswerten:

● Pflanzen mit dunkelroten Blüten sind homozygot für das Allel 1, das kein vorzeitiges Stopp-Codon aufweist.
● Pflanzen mit hellroten Blüten besitzen immer das Allel 1 und entweder das Allel 2 oder das Allel 3. Sie sind demzufolge immer heterozygot und besitzen ein Allel mit einer Mutation im Triplett 221.
● Pflanzen mit weißen Blüten sind entweder homozygot für das Allel 2, homozygot für das Allel 3 oder heterozygot für die Allele 2 und 3. Sie besitzen also nur MYB1-Allele, die im Triplett 221 eine Mutation aufweisen, die zu einem Stopp-Codon führen.

Teil 3) eine Hypothese zu den Auswirkungen der Mutationen sowohl auf molekularer als auch auf phänotypischer Ebene entwickeln:

● Der MYB1-Transkriptionsfaktor steuert die Transkription des ANS-Gens. Für die positive Regulation des Gens scheint sowohl die Bindung des Transkriptionsfaktors an den Promotor als auch die Bindung der beiden anderen Proteine WDR und bHLH nötig zu sein.
● Ein verkürztes MYB1-Protein bedingt durch ein verfrühtes Stopp-Codon (Allele 2 und 3) könnte die Funktion des Transkriptionsfaktors einschränken, indem z. B. die DNA-Bindung des Transkriptionsfaktors beeinträchtigt wird. Fehlt die Bindung an den Promotor oder ist diese zu schwach, unterbleibt möglicherweise die Anlagerung der RNA-Polymerase. Die Transkription des Gens findet nicht statt.
● In Pflanzen mit hellroten Blüten wird dementsprechend weniger ANS-Enzym gebildet. Die Zellen dieser Blüten akkumulieren weniger Farbstoff und sind heller.
● Kohlröschen mit weißen Blüten besitzen kein funktionsfähiges MYB1-Protein. Es wird keine ANS-Synthase und folglich auch kein Cyanidin-3-glucosid gebildet.

_______________________________________________________
Aufgabe 4:
Fassen Sie die in Material D gezeigten Ergebnisse kurz zusammen und analysieren Sie diese im Hinblick auf die Bedeutung der Bestäuber (Material D). Entwickeln Sie auf dieser Basis eine Hypothese zur Erklärung der Anteile der Farbvarianten von 1997 bis 2016 und ihrer zukünftigen Entwicklung auch unter Berücksichtigung der MYB1-Allelverteilung (Materialien C und D).

Teil 1) die in Material D gezeigten Ergebnisse kurz zusammenfassen:

● Der prozentuale Anteil der Pflanzen mit dunkelroten Blüten ist von 1997 bis 2016 gesunken. Der Anteil an Pflanzen mit hellroten Blüten ist in diesem Zeitraum gestiegen. Pflanzen mit weißen Blüten waren 1997 kaum zu finden. Ihr Anteil stieg bis 2016 geringfügig an.
● Pflanzen mit hellroten Blüten bilden durchschnittlich mehr Samen als solche mit dunkelroten und weißen Blüten. Pflanzen mit weißen Blüten bilden die wenigsten Samen.
● Die Blüten des Gewöhnlichen Kohlröschens werden häufiger von Fliegen angeflogen als von Bienen. Die Fliegen besuchen bevorzugt die weißen Blüten, während Bienen am häufigsten die dunkelroten Blüten anfliegen. Bei hellroten Blüten liegen die Anzahl der Besuche von Fliegen und Bienen jeweils im mittleren Wertebereich.

Teil 2) diese im Hinblick auf die Bedeutung der Bestäuber analysieren:

● Im Vergleich zu den dunkelroten Blüten werden die hellroten Blüten viel häufiger von Fliegen angeflogen. Die Anzahl der Besuche durch die als Bestäuber effizienteren Bienen ist bei den hellroten Blüten nur geringfügig niedriger als bei den dunkelroten Blüten.
● Dies führt dazu, dass die hellroten Blüten häufiger bestäubt werden, und könnte eine Erklärung dafür sein, dass diese Pflanzen mehr Samen bilden können als Pflanzen mit dunkelroten oder weißen Blüten.
● Weiße Blüten werden zwar sehr häufig von Fliegen besucht, aber nur wenig von Bienen. Da Fliegen weniger effiziente Bestäuber sind, bilden Pflanzen mit weißen Blüten durchschnittlich weniger Samen als Pflanzen mit hellroten oder dunkelroten Blüten.
● Die Präferenz der Bestäuber bezüglich der Blütenfarbe wirkt als Selektionsfaktor auf die Population des Gewöhnlichen Kohlröschens.

Teil 3) auf dieser Basis eine Hypothese entwickeln zur Erklärung der Anteile der Farbvarianten von 1997 bis 2016 und ihrer zukünftigen Entwicklung auch unter Berücksichtigung der MYB1-Allelverteilung:

● Zu Beginn gab es nur wenige, heterozygote Träger der durch zufällige Mutationen veränderten MYB1-Allele.
● Diese Pflanzen mit hellroten Blüten bildeten zu gleichen Teilen Keimzellen mit Allel 1 und Keimzellen mit Allel 2 bzw. Allel 3.
● Die erhöhte Bestäuber-Präferenz aufgrund der veränderten Blütenfarbe könnte somit bewirkt haben, dass neben dem Allel 1 auch das Allel 2 bzw. das Allel 3 verstärkt in den Genpool der nächsten Generationen eingegangen ist.
● Somit stieg einerseits die Anzahl von Pflanzen mit hellroten Blüten, aber auch die Anzahl von Pflanzen mit weißen Blüten.
● Die Wahrscheinlichkeit für Allelkombinationen, die zu einem hellroten Blütenphänotypen führen, ist höher als für Allelkombinationen, die zu einem weißen Blütenphänotypen führen, da das Allel 1 deutlich häufiger vorkommt als die Allele 2 und 3.
● Somit stieg der Anteil von Pflanzen mit hellroten Blüten stärker an als der Anteil von weißblühenden Pflanzen.

● Mit steigender Häufigkeit der Allele 2 und 3 innerhalb der Population am Puflatsch steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass entsprechende Pollen durch Bestäuber verbreitet werden. Die Häufigkeit von Allel 1 nimmt hingegen im Laufe der Zeit ab.
● Die Anzahl an Gewöhnlichen Kohlröschen mit hellroten und weißen Blüten wird also vermutlich weiter zunehmen.
● Pflanzen mit hellroten Blüten werden vermutlich in der Anzahl dominierend, da die Entstehung eines heterozygoten Genotyps wahrscheinlicher ist als die eines homozygoten. Dunkelrote und weiße Blüten werden demnach vermutlich eine geringere Anzahl innerhalb der Population ausmachen.