Lorentzkraft aus Sicht der Relativitätstheorie – Nachweis zur Gleichheit der Kraftbeträge

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Lorentzkraft aus Sicht der Relativitätstheorie – Nachweis zur Gleichheit der Kraftbeträge

Die Coulombkraft wird im Gedankenexperiment von MAXWELL durch einen Stab unendlicher Länge erzeugt. Um das elektrische Feld auf die Kugel abschätzen zu können, betrachten wir einen Zylinder mit Länge \(\ell \) und Radius \(r \), der einen ausgedehnten Abschnitt des Stabs umgibt.

(c) Cornelsen/Inhouse

Geladener Stab mit umgebendem Zylinder

Die durch die Ladung \(Q \) des Stabs erzeugte elektrische Feldstärke sinkt mit zunehmendem Abstand von den Ladungen. Auf der Mantelfäche \(A=2\cdot\pi\cdot r \cdot\ell \) des Zylinders ist die Feldstärke überall gleich groß und es gilt:
$$\left|\vec{E}\right|=\frac{1}{\varepsilon_0}\cdot\frac{Q}{A}=\frac{1}{\varepsilon_0}\cdot\frac{Q}{2\pi r\cdot\ell} .$$
Im Fall, dass Stab und Beobachter sich nicht relativ zueinander bewegen, ergibt sich für die Coulombkraft auf eine Kugel der Ladung \(q\):
$$F_C=q\cdot\left|\vec{E}\right|=\frac{1}{2\pi\varepsilon_0}\cdot\frac{q\cdot Q}{r\ell} .$$
Bewegt sich der Stab dagegen relativ zu einem ruhenden Beobachter mit der Geschwindigkeit \(v \), müssen wir diese Kraft ins Außensystem transformieren. Dazu analysieren wir zunächst einen Kraftstoß im Eigensystem des Stabs, der innerhalb eines Zeitintervalls \(\Delta{t_e} \) stattfindet:

$$\Delta p_\mathrm{e}=F_C\cdot\Delta t_e=\frac{1}{2\pi\varepsilon_0}\cdot\frac{q\cdot Q}{r}\cdot\frac{\Delta t_e}{\ell} .$$

Die Impulsänderung \(\Delta p_e \) lässt sich messen, indem eine Verformung \(\Delta y_e \) senkrecht zur Bewegungsrichtung erzeugt wird.
Diese Verformung ist im Außensystem gleich groß, \(\Delta y_{a}=\Delta y_e \). Somit ist auch die Impulsänderung im Außensystem gleich der im Eigensystem. Es gilt also \(\Delta p_{a}=\Delta p_e \). Für die ursächliche Kraft im Außensystem ergibt sich damit

\begin{align*}
F_a&=\frac{\Delta p_a}{\Delta t_a}\\
&=\frac{1}{2\pi\varepsilon_0}\cdot\frac{q\cdot Q}{r}\cdot\frac{1}{\ell}\cdot\frac{\Delta t_e}{\Delta t_a}\\
&=\left(\frac{1}{2\pi\varepsilon_0}\cdot\frac{q\cdot Q}{r}\cdot\frac{1}{\ell_a}\right)\cdot\frac{\ell_a}{\ell}\cdot\frac{\Delta t_e}{\Delta t_a}.
\end{align*}

Die Coulomb-Kraft \(F_{C,a}\) im Außensystem entspricht dabei aber nur der Klammer in obiger Gleichung, während das Produkt der übrigen Faktoren entsprechend der Zeitdilatation und Längenkontraktion gleich \(\left(1-\frac{v^2}{c^2}\right)\) ist, denn
$$
\frac{\ell_a}{\ell}\cdot\frac{\Delta t_e}{\Delta t_a}=\frac{\ell\cdot\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}}{\ell}\cdot\frac{\Delta t_a\cdot\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}}{\Delta t_a}=1-\frac{v^2}{c^2} .
$$

Damit ergibt sich:
\begin{align*}
F_a&=F_{C,a}\cdot\left(1-\frac{v^2}{c^2}\right)\\
&=F_{C,a}+\left(-\frac{1}{2\pi\varepsilon_0}\cdot\frac{q\cdot Q}{r}\cdot\frac{1}{\ell_a}\cdot\frac{v^2}{c^2}\right) .
\end{align*}

Die Klammer in dieser Gleichung ist gleich der Lorentzkraft im Außensystem, \(F_{L,a}=− q\cdot v \cdot B \). Dies klärt sich, wenn wir berücksichtigen, dass sich mit dem Stab auch die in ihm enthaltenen Ladungen bewegen. Dies nimmt der Beobachter im Außensystem als Strom der Stärke
$$
I=\frac{Q}{t_a}=\frac{Q}{\ell_a}\cdot v
$$
wahr. Dieser Strom verursacht aus seiner Sicht ein Magnetfeld um den Stab mit

$$B=\frac{\mu_0}{2\pi r}\cdot I .$$

Nutzt man jetzt noch den Zusammenhang \(c^2=\frac{1}{\varepsilon_0\cdot\mu_0} \), dann folgt:
\begin{align*}
-\frac{1}{2\pi\varepsilon_0}\cdot\frac{q\cdot Q}{r}\cdot\frac{1}{\ell_a}\cdot\frac{v^2}{c^2}
&=-q\cdot v\cdot\frac{1}{2\pi r}\cdot\frac{1}{{\varepsilon_0\cdot c}^2}\cdot\frac{Q}{\ell_a}\cdot v\\
&=-q\cdot v\cdot\frac{1}{2\pi r}\cdot\mu_0\cdot I\\
&=-q\cdot v\cdot B=F_{L,a}
\end{align*}
Insgesamt stellt der Beobachter im Außensystem also nicht nur die Coulombkraft, sondern zusätzlich die Lorentzkraft fest. Somit ist die Lorentzkraft vollständig und exakt durch die Coulombkraft im Eigensystem erklärt. Entsprechend gibt es im Eigensystem keine Lorentzkraft, sondern nur die Coulombkraft.